Interview für eine Bachelorarbeit

Kürzlich wurde ich als Interviewpartner für eine Bachelorarbeit an der IU befragt. Die Arbeit von Elin Stolinski untersucht den Einfluss von Künstlicher Intelligenz auf kreative Prozesse in Werbeagenturen – ein Thema, das in meiner täglichen Arbeit bei LIVING CONCEPT nicht nur theoretisch, sondern auch ganz praktisch relevant ist.
Im Interview ging es nicht um Hype, sondern um konkrete Erfahrungen aus dem Agenturalltag – vor allem darum, wo KI bereits sinnvoll eingesetzt wird – und wo nicht. Ich habe geschildert, wie wir Tools wie Midjourney und ChatGPT in der Konzeption, der Visualisierung von Ideen und der Bearbeitung von Bildern und Texten einsetzen. Dabei wurde deutlich: KI unterstützt – ersetzt aber nicht die konzeptionelle Tiefe oder strategische Relevanz.
Was die Studie zeigt
Die Bachelorarbeit bestätigt viele dieser Praxiserfahrungen durch eine Befragung von 35 Agenturmitarbeitenden auf unterschiedlichen Karrierestufen:
- 77 % der Befragten gaben an, regelmäßig KI in kreativen Prozessen einzusetzen.
- Am häufigsten zur Ideengenerierung (86 %), Texterstellung (77 %) und Bildbearbeitung (71 %).
- 70 % empfinden die Tools als hilfreich bis sehr hilfreich im kreativen Alltag.
KI kann tatsächlich Prozesse beschleunigen – etwa durch schnellere Variantenentwicklung oder das automatische Anpassen von Formaten. Aber:
- 64 % der Befragten betonen, dass sich ihre Aufgaben nicht reduziert, sondern verändert haben.
- 58 % nennen „fehlende Schulung im Prompting“ als eine der größten Herausforderungen.
- Und nur 26 % sehen eine direkte Arbeitserleichterung durch KI.
Was das für die kreative Arbeit bedeutet
Was oft unterschätzt wird: Die KI-Ergebnisse sind selten direkt „produktionsreif“. Sie sparen Zeit – aber die eigentliche kreative Leistung verschiebt sich: vom Machen zum Entscheiden, Einordnen und Verfeinern.
Ein Zitat aus meinem Interview, das es auch in die Arbeit geschafft hat, bringt das auf den Punkt:
„KI ist kein Ersatz für kreative Arbeit – sie ist ein Werkzeug, das uns zwingt, unsere eigenen Ansprüche klarer zu definieren.“
Die Technik macht Vorschläge. Aber ob sie zur Marke, zur Botschaft und zur Zielgruppe passt – bleibt unsere Aufgabe.
Neue Prozesse, neue Rollen
Gerade die Abstimmung mit den Auftraggeberinnen und Auftraggebern bekommt ein neues Gewicht: Was ist überhaupt ein gutes (KI-)Ergebnis? Diese Frage verändert die Zusammenarbeit. Die Prozesse werden dialogischer – ein echter Kulturwandel.
Wie ich es im Interview formuliert habe:
„Die eigentliche Kreativität verschiebt sich – weg von der reinen Ausführung hin zu Kontext, Strategie und Bewertung.“
Das erfordert neue Kompetenzen – vor allem für diejenigen, deren Stärke bisher eher in der gestalterischen Umsetzung lagen.
Und was heißt das für die Zukunft?
Der Einsatz von KI verändert nicht das Warum, aber ganz klar das Wie unserer kreativen Arbeit. Die Bachelorarbeit liefert dazu fundierte Daten – und lädt zum Weiterdenken ein.
Für alle, die heute kreativ arbeiten – ob in Agenturen, an Hochschulen oder in Unternehmen – bedeutet das:
- strategisch denken
- kollaborativ arbeiten – mit Menschen und Maschinen
- und: technisch neugierig bleiben
Das bringt Unsicherheiten mit sich – aber auch enormes Potenzial für die persönliche Entwicklung und für Agenturen, die bereit sind, neue Wege zu gehen.
Entscheidend ist die Fähigkeit, aus einer Vielzahl generierter Optionen die richtige Idee zu erkennen – und sensibel zu bleiben für kulturelle, ethische und kommunikative Feinheiten, die KI nicht erfassen kann.
„KI verändert nicht unsere kreativen Prinzipien – sie verändert nur, wie wir dorthin kommen.”