Wohin will Adobe?

Eindrücke von der Adobe MAX 2022

DALL-E imagines creativity for all
Illustration: So stellt sich DALL-E Adobes Mission „creativity for all“ vor.

Neben vielen großen und kleinen Neuerungen bei den zahlreichen Adobe-Programmen bot die Adobe MAX auch 2022 wieder viele Hands-on-Sessions, Inspirationen, vor allem auch einen Blick darauf, was eines der größten Unternehmen unserer Branche antreibt. Denn das wird Auswirkungen auf uns alle haben. Unabhängig davon, wie wir dazu stehen.

„Kreativität demokratisieren“ – lautet die übergeordnete Mission von Adobe. Auf der Adobe MAX wurde das Thema in der Eröffnungs-Keynote auf drei Bereiche heruntergebrochen:

„Precision and Superpowers“

KI – vor allem Text-to-Image Bildgenerierung – ist 2022 ein riesengroßes Medienthema. Überall sind die mithilfe von DALL-E, Midjourney oder Stable Diffusion generierten Bilder zu sehen. Bei Adobe heißt die KI Sensei. Shantanu Narayen, Adobe-Chairman und CEO, beschreibt Sensei als „kreativen Co-Piloten“ der in einer Vielzahl von Funktionen steckt. Hier einige Beispiele, was jetzt schon möglich ist bzw. in Kürze kommt:

Was gibt es schon?

  • Automatische Auswahl und Freisteller
  • Austausch von Himmel
  • Korrektur von Hautunreinheiten und Gesichtsausdrücken
  • Stilübertragung
  • Bildwiederherstellung

Was kommt?

  • Text-zu-Bild-Generierung direkt in Photoshop oder Express (siehe unten)
  • Fotorealistische Text-zu-Bild-Porträterstellung
  • Schattenmodifizierung
  • Verbesserte Rauschunterdrückung

„AI should embrace human creativity, not replace it“, versucht David Wadhwani, President Digital Media Business bei Adobe, zu beruhigen. Denn natürlich wecken die – je nach Blickwinkel beeindruckend oder beängstigend – guten Ergebnisse der „Sensei-powered Tools“ Sorgen bei Kreativen, wie sich ihre Arbeite verändern wird.

„Speed and Ease“

Beim Thema „Schnell und einfach“ steht für Adobe vor allem Adobe Express im Fokus. Das Programm zielt klar auf Mitbewerber wie Canva ab. Express ermöglicht das einfache Erstellen und Bearbeiten von Grafiken. Neu ist der direkte Zugriff auf Adobe Fonts und Adobe Stock – ohne Zusatzkosten! Ebenfalls neu ist die Möglichkeit, „Brands“ anzulegen, um ein Corporate Design „per Klick“ anwenden zu können. Das Ausspielen in verschiedenste Formate übernimmt Adobe Express – auch wieder mit Unterstützung durch Sensei – quasi vollautomatisch und passt das Layout entsprechend an. Ebenfalls integriert ist jetzt ein Kalender, mit dem sich die Postings terminieren lassen.

Ebenfalls in diesem Bereich gehört das geräteübergreifende Arbeiten: Zum Beispiel lassen sich Photoshop-Dateien sich jetzt nicht nur am Desktop, sondern auch – mit nur leichten Einschränkungen – direkt im Browser (inkl. RAW-Bearbeitung!) oder auf einem Tablett weiter bearbeiten. Adobe nennt das auf der Adobe MAX „available anywhere“.

„Collaborative Creativity“

„Creativity is increasingly a team sport“: Die Bedeutung des Themas Zusammenarbeit für Adobe wird durch die Übernahmen von Figma und frame.io deutlich. Verschiedene Stakeholder können immer einfacher ihre Wünsche und Anregungen in kreative Prozesse einbringen. Der langsame und fehleranfällige Austausch von Dateien und Kommentaren bei E-Mail gehört (hoffentlich) bald der Vergangenheit an. So werden Kommentare, die über frame.io gemacht werden, in After Effects und Premiere direkt an der exakten Stelle im Timecode angezeigt. Auch die Review-Funktion wird von Adobe ständig ausgebaut und findet sich zum Beispiel jetzt auch in Photoshop.

Was folgt aus der Adobe MAX für Designerinnen und Designer?

Zum einen wird die – eh schon weit verbreitete – Meinung, dass Design nach dem Prinzip „Klick – klick – fertig“ funktioniert, vermutlich zunehmen. Denn für immer mehr Menschen wird es immer leichter, „kreativ“ zu werden. Die Zeiten, in denen allein der Besitz von Hard- und Software als Qualifikation dienen konnte, sind definitiv vorbei. Die Erwartung an die Effizienz werden steigen.

Aber – wie bisher – wird es einen Abstand zwischen dem, was Laien produzieren können und professioneller Arbeit geben. Denn auch die (technischen) Anforderungen an Designs steigen, da sie immer crossmedialer eingesetzt werden sollen. Das wird dann eben doch wieder Fachwissen und Erfahrungen erfordern.

Dabei wird das Wissen um die eigene Spezialisierung genauso wichtig wie das Verständnis für andere Bereiche, damit man zum Beispiel ein Plakatdesign so anlegen kann, dass es von jemand anderem ohne Probleme für ein Motion Design weitergenutzt werden kann.

Konkret heißt das, sowohl eine Vorstellung davon zu haben, wie andere Disziplinen arbeiten, als auch über ein gemeinsames Vokabular zu verfügen. Man wird nicht alles können müssen, aber sollte sich zumindest gemeinsam darüber austauschen können. Das Modell der „T-shaped skills“ wird in diesem Zusammenhang weiter an Bedeutung gewinnen.